Nachruf

Revolutionär der Ökonomie

Milton Friedman ist tot. Der Wirtschaftsnobelpreisträger starb im Alter von 94 Jahren in der Nähe von San Francisco. Der Vordenker der neoliberalen Wirtschaftspolitik war einer der einflussreichsten Ökonomen des 20. Jahrhunderts.

Von Martin Dowideit

San Francisco - Milton Friedman, einer der einflussreichsten Ökonomen des vergangenen Jahrhunderts, ist tot. Wie seine Tochter mitteilte, starb Friedman am Donnerstag im Alter von 94 Jahren in einem Krankenhaus in der Nähe von San Francisco.

Im Jahr 1976 hatte der damals 64-jährige Professor den Wirtschaftsnobelpreis für seine Arbeiten zur Geldtheorie erhalten. Friedman hinterlässt seine Frau Rose, mit der er zahlreiche Bücher gemeinsam verfasst hat, sowie zwei Kinder. Ihr Leben habe ihre "wildesten Erwartungen übertroffen", schrieben Rose und Milton Friedman in ihren 1998 verfassten Memoiren.

In einer seiner zentralen Arbeiten hatte Friedman im Jahr 1956 nachgewiesen, dass Zentralbanken durch die Erhöhung der im Umlauf befindlichen Geldmenge langfristig nur die Inflation erhöhen, nicht jedoch das Produktionsniveau einer Volkswirtschaft. In seinem 1962 veröffentlichten Werk "Kapitalismus und Freiheit" stellte er sich gegen die damals unter Volkswirten vorherrschenden Theorien des Wirtschaftswissenschaftlers John Maynard Keynes. Anders als Keynes behauptete Friedman, dass etwa Konjunkturprogramme des Staats nicht zu langfristigem Wirtschaftswachstum beitragen könnten.

Friedmans Ruf als einer der stärksten Verfechter von freien Märkten etablierte sich durch dieses Buch. "Er hat gezeigt, dass selbst ein nicht perfekter Markt bessere Ergebnisse erzielt als arrogante Experten und habgierige Bürokraten", sagte US-Präsident George W. Bush vor vier Jahren zu Friedmans 90. Geburtstag bei einer Feier im Weißen Haus.

Friedman veröffentlichte 1963 sein Standardwerk zur Geldtheorie, in dem er die geldpolitische Geschichte der USA von 1867 bis 1960 analysierte. Darin kam er gemeinsam mit Anna Schwartz zu dem Ergebnis, dass eine strikte Kontrolle der Geldmenge für den Erfolg einer Wirtschaft entscheidend sei. Seine Arbeiten schufen ein neues Forschungsfeld der Wirtschaftswissenschaften, den Monetarismus. "Friedmans geltpolitisches Rahmenwerk war so einflussreich, dass es zumindest in den groben Zügen identisch mit der modernen Geldtheorie- und Praxis ist", sagte Notenbankchef Ben Bernanke im Oktober 2003.

Bis 1977 lehrte Friedman an der Universität von Chicago. Er war Leitfigur einer Forschergeneration, deren Angehörige seither den Spitznamen "Chicago Boys" tragen. Mehrere seiner Schüler wurden mit einem Nobelpreis ausgezeichnet, so etwa Gary Becker im Jahr 1992. Seine Arbeit setzte Friedman nach dem Verlassen Chicagos an der kalifornischen Stanford University fort. Friedman war Berater von US-Präsident Ronald Reagan und der britischen Premierministerin Margaret Thatcher.

Artikel erschienen am 16.11.2006

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